Intro
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren


 
header3



Die letzten Tage waren bestimmt von Gesprächen mit diversen Parteiführern. Die allermeisten leider männlich. Wir diskutieren die Ergebnisse der Meinungsumfrage. Allzu erfreulich ist sie ja nicht für die Parteien. Nicht nur sagen, 85% dass die Parteien für ihren eigenen Vorteil arbeiten und nicht für die Menschen, auch die Zuschreibungen, die den Befragten einfallen, sind nicht gerade freundlich: korrupt, nicht an den Bedürfnissen der Menschen interessiert. Kaum werden den Parteien Problemlösungskompetenzen zu gute gehalten. Und das ist irgendwie auch nicht so verwunderlich.

Schliesslich passieren in Nepal Dinge, die nur schwer nachzuvollziehen sind und eigentlich kaum zu ertragen: in den letzten zwei Wochen sind 400 Menschen an den Folgen von Durchfall gestorben. Wie unnötig und tragisch. Kein gesunder Körper würde an Durchfall sterben, aber in den entlegenen Regionen sind die Menschen von vornherein schlecht ernährt, und es gibt keine medizinische Versorgung. Zwischendurch habe ich mir die Frage an diverse Politiker und Journalisten erlaubt, wie es soweit kommen kann, und wieso es nicht möglich ist ein paar LKW Ladungen Medikamente in die betroffenen Regionen zu bringen.
Die Antworten sind ernüchternd: so meinen manche, dass sowieso nur nur ein kleiner Teil tatsächlich ankommen würde. Der Rest würde auf dem Weg in die Taschen der korrupten Bürokraten und verzweifelten LKW Fahrer verschwinden oder von den Maoisten gekapert werden. Und andere wiederum meinen, dass das Problem an der Wurzel angepackt werden müsse: bessere Ernährung, mehr Hygiene, sauberes Wasser, bessere Lebensbedingungen, verstärkte Entwicklung. Nur: in diesen Wirrwarr von Argumenten sterben kleine Kinder trotzdem weiter.

Es stimmt: die Wurzel aller Probleme liegen in den letzten 100 Jahren. Bis 1950 wurde Nepal von einer absolutistischen Monarchie regiert, die kein Interesse an den Menschen hatte. um 1950 konnten 2% aller Nepalesen lesen und schreiben.
So gesehen ist es ein großer Fortschritt, dass jetzt 50 Jahre später "nur" mehr 40% Analphabeten sind. Aber in diesen 50 Jahren hat sich eben trotzdem nur wenig an den Lebensbedinungen und der Armut geändert.

Seit 1990 eine kleine Revolution die Abkehr vom alten völlig undemokratischen "Panchayat-System" brachte, haben die Parteien nur wenig Fortschritte gebracht. Und viele Erwartungen enttäuscht. Das ist der Nährboden für die maoistischen Rebellen.

Das politische System hier ist gerpägt von zwei großen Parteien: der CPN-UML (Unified Marxist-Leninist) und dem Nepali Congress (NC). Und dann gibt es noch die kleinere Palast-treue RPP und eine Reihe kleinerer regionaler Parteien bzw. Absplitterungen von NC und RPP. Die ideologischen Unterschiede sind kaum feststellbar. Selbst das Programm der winzigen "Grün-Partei", ist eine Ansammlung von Gemeinplätzen. OK, ich muss ihnen den "credit" geben, dass sie immerhin in ihrem Programm konkrete Forderungen auflisten (z.b. zum Thema Waldbewirtschaftung, Bildung, etc.). Das Programm der CPN-UML hingegen liest sich wie ein früh-marxistischer Text aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Aber das lernen wir doch auch in Europa: Programm und Politik finden nicht immer ihre Entsprechung.

Die Maoisten sind für mich aber weiterhin die wirklich große Unbekannte. Welche Ziele verfolgen sie wirklich? Ich lese ihre Manifeste und verstehe warum sie eine Anziehungskraft auf die verarmte Bevölkerung haben. Wer ist gegen gratis Schulen und medizinische Versorgung und eine Landreform? Und sogar die Forderung nach einer Republik (anstatt der von vielen Menschen bevorzugten konstitutionellen Monarchie) ist doch wirklich nicht übermässig radikal.
Aber wenn man sich ihre Taktik ansieht, den Terror gegen Andersdenkende, die gezielten Ermordungen, die Erpressungen, dann weiss ich nicht mehr was ich von den schönen Zielen halten darf...
la gorda tota meinte am 4. Aug, 11:12:
irrtum
an durchfall sterben auch ganz gesunde menschen (und das ziemlich schnell), wenn sie keinen zugang zu medikamenten haben. nur weil in europa/usa schon so hohe hygienische standards herrschen, dass man durchfall hier fast schon immer (oft fälschlicherweise!) auf magen/darm-infektionen zurückführt, darf man nicht vergessen, dass es in einem grossteil der welt ganz anders aussieht. an durchfall sterben jeden tag abertausende (vor allem) kinder, da die kleinen körper sehr, sehr schnell austrocknen.

das problem ist fast immer das trinkwasser voller bakterien und parasiten (reines trinkwasser ist purer luxus, gibts eigentlich nur in den reichen industriestaaten!) und die düngung der felder mit abwässern (wodurch auch obst und gemüse voller parasiten ist). trinkwasseraufbereitung und -verteilung kostet viel, sehr viel geld (und dass die ach so tollen wasser-privatisierungen da nicht wirklich den investitionsaufschung zu leistbaren preisen bringen, ist wohl auch klar). teuer ist auch anständiger dünger (dazu sei gesagt, dass in vielen regionen ohne dünger gar nichts oder viel zu wenig wächst um den nahrungsmittelbedarf zu stillen). woher soll das geld kommen? der größte teil der (ohnenhin zu niedrigen) entwicklungshilfegelder versickert in den großen taschen der zuständigen bürokraten. es ist schlimm.

wenn man schon einiges abseits der industrienationen gesehen hat und daran denkt, dass das schon jahrhundertelang so geht (woran die kolonialisierung großteils schuld ist - auch wenn es immer wieder leute gibt, die das bestreiten - es ist so.), dann verliert man so langsam seine illusionen. die reichen länder haben gar kein interesse daran, diesen ländern WIRKLICH zu helfen, pfuschen immer wieder ins handwerk, um die "eigenen interessen zu verteidigen" (siehe Lateinamerika u. United Fruit Company; Afrika seitens Frankreich, USA, etc.). mein ganzes herz schägt für die (anscheinend ewigen) entwicklungsländer. bin aber relativ ernüchtert. deswegen bin ich ja auch nicht politikerin wie du.

die kommenden jahrzehnte werden ziemlich gewalttätige sein. 
danielsp meinte am 4. Aug, 21:27:
EU- Gelder für "vergessenen" Krisenregionen (auch Nepal)
Für die "vergessenen" Krisenregionen in Nepal, Kaschmir, Osttimor und Indonesien hat die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel ein Hilfspaket in Höhe von 5,75 Millionen Euro verabschiedet. "Mit diesen Geldern werden die Lebensumstände einiger der von den Krisen in Asien am meisten betroffenen Menschen maßgeblich verbessert werden", betonte der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar, der Däne Poul Nielson.

Die Gelder werden von der EU-Behörde für humanitäre Hilfe (ECHO) verwaltet. Zwei Millionen Euro sind für die Anschaffung von Grundnahrungsmitteln für die rund 100.000 in Nepal lebenden Flüchtlinge aus Bhutan vorgesehen. Die Flüchtlinge sind auf sieben Lager im Südosten des Himalaya-Staates verteilt.
Medizinische Grundversorgung
Derselbe Betrag an Hilfsgeldern soll der leidtragenden Bevölkerung in der indischen Unruheregion Jammu und Kaschmir zu Gute kommen. Dort will die Kommission medizinische Grundversorgung und psychologische Unterstützung für 100.000 Menschen finanzieren. Die in der Region stationierten indischen Soldaten sollen für die Achtung von humanitärem Völkerrecht sensibilisiert werden.
Mit 1,75 Millionen Euro will die Kommission die Lebensumstände der von einer zwei Jahre anhaltenden Dürre heimgesuchten Bevölkerung in Osttimor verbessern. Ein Teil der EU-Hilfsgelder wird auch zur Grundversorgung der Bevölkerung in den indonesischen Unruheregionen Aceh, Ambon und Zentral-Sulawesi verwendet. Nach Angaben der Hilfsorganisation CARE International ist die Zahl der akut Unterernährten in Osttimor alarmierend.

Originalaussendung der Kommission unter:
http://www.europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/1018&format=HTML&aged=0&language=en&guiLanguage=en

Grüße aus Wien,

Daniel Spichtinger 
 
polaroid