Notizen aus Nepal (Frischluft in den Himalayas)
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Frischluft in den Himalayas
smi
smi
2008-01-08T09:26:15Z
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1
2000-01-01T00:00:00Z
Notizen aus Nepal
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http://marieausnepal.twoday.net/
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See you soon, Nepal.
http://marieausnepal.twoday.net/stories/323661/
Ich bin wieder in Wien. Ein langer Flug über Abu Dhabi, Doha und München hat uns wieder nach Hause gebracht. Ein Glück angesichts der Tatsache dass ja unsere Fluglinie eigentlich ihre Flüge wegen der Demolierung ihres Büros eingestellt hat.<br />
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Die letzten Tage in Kathmandu waren nicht so lustig. Umso mehr schätze ich jetzt die "Wiener Freiheiten": Sicherheit, sauberes Wasser, klare Luft, und vor allem: keine Ausgangssperre.<br />
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Ich versuche schon seit Tagen ein Resumee dieser sieben Wochen zu ziehen und merke wie schwer es mir fällt. Ich habe noch nicht "abgeschlossen" mit Nepal. Vielleicht weil ich das Land so lieb gewonnen habe und - Optimistin, die ich bin - große Hoffungen darin setze, dass es nur besser werden kann.<br />
Vielleicht auch, weil die Arbeit an den Projekten bei NDI mir gezeigt haben, dass Veränderung auch in einem so kaputten politischen System möglich ist. Ungeduldig wie ich bin, geht es mir natürlich zu langsam. Aber: es ist eine langfristig sicherlich sehr wirksame Intervention, wenn in diesem so hierarchisch und patriarchal strukturierten politischen System mehr Frauen in die Politik gehen.<br />
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Und da trägt das Frauen-Programm von NDI einiges bei. Immerhin sind ja in den letzten sieben Jahren 14.000 Frauen ausgebildet worden, um als Politikerinnen auf lokaler Ebene bei Wahlen anzutreten und zu arbeiten.<br />
Natürlich kann man dem entgegenhalten, dass es schon lange keine Wahlen gegeben hat und in der derzeitigen Situation auch in weiter Ferne scheinen, aber ich behaupte, dass die trainierten Frauen nicht nur gelernt haben Politikerinnen zu sein, sondern insgesamt aktiver und selbstbewußter in ihren Communities aufzutreten und sich einzumischen.<br />
<br />
Oder die Meinungsumfrage: ihr Zweck ist es den Parteien die politischen Meinungen und Einschätzungen der Bevölkerung, ihr Image als Parteien und die Aussensicht der WählerInnen vor Augen zu führen. <br />
Erfahrungsgemäß sind das "mächtige" Instrumente, auch in Österreich. Es heisst zwar nicht, dass die Parteien in der Lage sind alle korrupten Politiker aus ihren Reihen zu entfernen, aber immerhin wissen sie jetzt, dass die WählerInnen sie für sehr korrupt halten. Und das kann wohl nicht gut sein.<br />
<br />
Oder das "Leadership Program" das ich mitentwickelt habe und das von den Parteien massgeschneidert selber implementiert werden wird. Aus diesen internen Trainingsprogrammen werden hoffentlich viele interessante neue PolitikerInnen gestärkt herauskommen. Lernen sollen sie dort das Handwerkszeug: Policy Entwicklung, kritisch und analytisch Denken, PR und Pressearbeit, Staatsbürgerschaftskunde, Konfliktmanagement, und anderes mehr.<br />
Vielleicht sind die AbsolventInnen dieser Programme jene jungen PolitikerInnen, die das Land aus der Sackgasse holen werden.<br />
<br />
Ich wünsche es Nepal jedenfalls sehr. <br />
Und ich habe versprochen, dass ich zu den kommenden Wahlen - irgendwann wird es so weit sein, da bin ich sicher! - jedenfalls zurückkomme. Ich freu mich schon drauf.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-09-07T07:48:20Z
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Dritter Tag Ausgangssperre - "Let us have a government, we deserve one"
http://marieausnepal.twoday.net/stories/320322/
Eigentlich hofften wir gestern, dass heute die Ausgangssperre aufgehoben würde. Tja, leider waren die Gerüchte falsch. So wie auch gestern dürfen wir zwei Stunden zwischen 7:30 und 9:30 einkaufen gehen, aber mehr auch nicht.<br />
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Gestern abend gab es auch so ein kurzes Zeitfenster der Bewegungsfreiheit, innerhalb von Minuten waren hunderte Menschen auf der Strasse, das private Mini-Bussystem funktionierte, Menschen fuhren auf Motorrädern und sogar in Autos (DemonstrantInnen in diesem Land - und zwar quer durch alle politischen Ideologien - pflegen Autos auf Demos in Brand zu setzen, weshalb die Besitzer derartig teurer Statussymbole sie in Krisensituation lieber in den Garagen verstecken). In diesen zwei Stunden auf der Strasse spazieren zu können, ist wunderbar und fühlt sich fast wie Kindheitsferien an.<br />
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Und so dachten - hofften - wir, dass heute der "curfew" beendet würde. Aber leider fürchtet die Regierung offenbar weiterhin Ausschreitungen. Vermutlich auch weil heute das islamische Freitagsgebet in den Moscheen stattfinden würde.<br />
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Oder - die Regierung fürchtet sich mittlerweile so sehr vor ihrer eigenen Bevölkerung, die spätestens seit dieser Woche weiss, wie schwach und handlungsunfähig sie ist, dass sie sie lieber vorsorglich einsperrt... <br />
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Mittlerweile gibt es auch wieder Fernsehen - vorgestern nachmittag wollte die Regierung alle Bilder von Gewalt verhindern und drehte einfach das Kabel-TV ab. <br />
Und die Zensur liess uns wissen, dass sie keine aufwiegelnde Berichterstattung wünsche, weshalb es lange keine Informationen zu Verletzten und den Übergriffen auf Moslems gab.<br />
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Mittlerweile gibt es wieder Zeitungen und auch TV Berichte. Zwei Menschen wurden von der Polizei bei den Demonstrationen erschossen. <br />
Beunruhigend sind auch Berichte von Übergriffen durch den Mob auf kritische Medienhäuser und das Fehlen jedes polizeilichen Schutzes. Kantipur - ein großes Verlagshaus, dass für kritische und unparteische Berichterstattung bekannt ist - wurde von Demonstranten mit Steinen angegriffen, aber selbst zahlreiche Anrufe bei Polizei und Behörden brachten stundenlang keinen polizeilichen Schutz. <br />
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Mittlerweile gibt es auch Berichte, die darauf schliessen lassen, dass einige der Vandalen für die Zerstörung von islamischem Eigentum und das Abfackeln zahlreicher Arbeitsvermittlungsfirmen, die viele hunderttausende Nepali jährlich ins Ausland schicken, bezahlt wurden. Und die Attacken zentral gesteuert wurden. Von wem ist nicht eindeutig zu klären, aber einiges deutet auf Hindu-Fundamentalisten hin.<br />
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...könnte es sein, dass bei den Protesten einige "Rechnungen" gleichzeitig beglichen wurden?<br />
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Interessante Berichte und Kommentare, sowie Fotos von den Riots gibt es in der online Ausgabe der Nepali Times: <a href="http://www.nepalitimes.com">http://www.nepalitimes.com</a><br />
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Die Ausschreitungen und ihre Auswirkungen sollten uns aber den Blick auf die Wurzeln der Auseinandersetzungen nicht versperren. Und uns die großen Probleme und Konflikte des Landes nicht vergessen lassen - schliesslich sind sie die Ursache der Gewaltbereitschaft: Armut und eine Perspektivenlosigkeit, in einem völlig unterentwickelten demokratischen System, in dem es zwar genug Gesetze aber keine Durchsetzung derselben gibt, Menschenrechte durch Maoisten und durch die Armee mit den Füssen getreten werden und die vom König eingesetzte Regierung so schwach ist, dass ein Kommentator der Nepali Times heute schreibt: "Let us have a government, we deserve one"
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-09-03T04:28:47Z
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nach eingekreist, nun eingeschlossen
http://marieausnepal.twoday.net/stories/319224/
Nepal stürzt derzeit von einer Krise in die nächste. Nach der Blockade der Stadt und einem kurzen, völlig harmlosen Generalstreik in Kathmandu am Sonntag (einer unfreiwilligen Variante des Autofreien Tages, der immerhin gute Luft brachte), nun gestern massive Ausschreitungen aus Protest gegen die brutale Ermorderung der 12 nepalesischen Geiseln im Irak. <br />
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In diesem Land in dem so viele Menschen nichts zu verlieren haben reicht einfach jede Kleinigkeit um das Fass zum Überlaufen zu bringen. <br />
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War es am Sonntag das Militär dass dem äusserst bekannten und mächtigen Führer der Nepali Congress Partei (NC) G.P. Koirela den Abflug aus Kathmandu in einen anderen Landesteil verwehrte - böse Zungen sagen auch, dass ihm nur der Zutritt zur VIP Lounge des Flughafen untersagt wurde und der NC dieses dann aufbauschte um strategischen Nutzen gegen die Regierungsparteien daraus zu ziehen. So ist es jetzt der ohnmächtige Zorn gegen die moslemischen Fundamentalisten im Irak und die Regierung, die offenbar unfähig war angemessen zu reagieren.<br />
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Die Gewalt des gestrigen Tages auf den Strassen von Kathmandu aus Zorn gegen die brutale Erschiessung der nepalesischen Geiseln im Irak hat die Regierung zu einer Ausgangsspeere veranlasst. Und so sitzen wir seit gestern 14 Uhr zu Hause und lassen es uns mit DVDs und Keksen gut gehen. Eingeschlossen "for your own safety" - was wahrscheinlich sogar stimmt<br />
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Der Weg nach Hause vor dem Beginn der Ausgangsspeere war nicht angenehm: gemeinsam mit hunderten verschreckten Menschen, alle zu Fuss auf dem Weg nach Hause, vorbei an brennenden Reifen und Autos und zornigen Agitatoren.<br />
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Laut Presseberichten ist gestern mindestens ein Demonstrant von der Polizei bei den Ausschreitungen getötet worden, viele Dutzende wurden verletzt. Nach fast einem Tag (ich finde viel zu spät) haben gestern abend die Regierung und der König reagiert, zu Ruhe aufgerufen und den Hinterbliebenen der Opfer Kompensationszahlungen versprochen.<br />
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Und so wurde gestern vormittag die Moschee im Zentrum durch einen Brandsatz beschädigt, Muslime in der Stadt vom Mob verprügelt, die Büros von Qatar und Saudi Arabian Airlines zerstört. <br />
Die Niederlassungen jener Firma, die den 12 im Irak getöteten Nepalis illegalerweise Jobs im Irak verschafft hatten wurden völlig vandalisiert und in Brand gesetzt. <br />
Der Zorn gegenüber diesen Firmen ist wohl am ehesten nachvollziehbar. Den getöteten jungen Männern wurden gegen Vorauszahlung der horrenden Summe von 150.000 Rupees gut bezahlte Arbeitsplätze in Jordanien versprochen. Als diese dann dort landeten, gab es weder Arbeit noch Geld und sie wurden ein Monat lang in einem Haus festgehalten und dann illegal weiter in den Irak gebracht wo sie als Fahrer, Wachleute und Köche arbeiteten. <br />
Schwer verschuldet und ohne ausreichende Finanzmittel für eine Rückkehr gab es wohl auch kaum ein zurück. <br />
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Diese Bedingungen sind ein Ausdruck jener neuen, globalisierten Form von moderner Sklaverei, die mittlerweile weltweit gängig ist: Menschen, die in ihren Heimatländern keine Arbeit finden und verzweifeln, werden rücksichtslos ausgebeutet und in Abhängigkeitsverhältnisse verstrickt aus denen es kein Entkommen gibt.<br />
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Und so sitzen wir jetzt alle fest, unser Heimflug am Samstag wird sich wohl ebenso verzögern, wie die Heinmreise jener weiteren 25.000 (!) Nepalis die unter ähnlichen Konditionen Arbeit im Irak hätten annehmen sollen, nach Indien gebracht wurden und nun mittellos in Mumbai festsitzen, ohne Geld und obdachlos.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-09-02T04:26:30Z
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rache...
http://marieausnepal.twoday.net/stories/318077/
...gar nicht angenehm sieht es hier in Kathmandu derzeit aus. Nach der Ermorderung der nepalesischen Geiseln im Irak konzentriert sich der Volkszorn unkontrolliert auf Moslems hier in der Stadt und in anderen Landesteilen. Immerhin 5% der Bevölkerung sind Moslems und bisher gab es - anders als in Indien - keine größeren Zusammenstöße und Auseinandersetzung zwischen der großteils Hindu Bevölkerung und Moslems. <br />
Offenbar müssen diese jetzt aber für die Tat von Fundamentalisten büssen und werden auf der Strasse verprügelt. <br />
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Wirklich gänzlich unverständlich ist aber dass die Polizei keine Vorkehrungen zum Schutz der Moscheen getroffen hat und diese damit dem Mob ausliefert.<br />
<br />
Und die Regierung scheint auch völlig paralysiert. Bisher gibt es keine Statements von ihrer Seite und auch kein kalmierenden Worte des Premierministers. Offenbar fürchtet die Regierung ihren eigenen Sturz und ist sich dessen bewußt, dass der Aussenminister in der Geiselkrise völlig versagt hat (nicht einmal einen Auslandsbesuch war sie ihm wert). <br />
Womit wieder einmal - diesmal der moslemische Teil der Bevölkerung den Preis für die Unfähigkeit und Paralyse der Regierung zahlt.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-09-01T05:23:09Z
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grausam umgebracht
http://marieausnepal.twoday.net/stories/318069/
Die zwölf Nepali, die im Irak vor einer Woche entführt wurden, wurden gestern grausam umgebracht. Das ganze Land ist in nachvollziehbaren Schock und die Medienberichterstattung tut das ihre: die Kameras der TV Newssendungen zeigen wieder und wieder das berührende letzte Video in dem die Geiseln einzeln ihre Namen und Herkunftsort sagen und ihnen die Angst ins Gesicht geschrieben steht. <br />
Gestern abend dann Aufnahmen verzweifelter trauernder Verwandter und die Fotos der erschossenen Geiseln. <br />
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Heute entlädt sich der Volkszorn auf der Strasse: Einfahrtsstrassen werden mit brennenden Autoreifen blockiert, die mächtigen Student Unions demonstrieren und die Schulen geschlossen. <br />
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Kein Grund zur Sorge um unsere Sicherheit, aber "business as usual" darf heute nicht sein.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-09-01T04:16:10Z
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ueber mobilitaeten
http://marieausnepal.twoday.net/stories/315103/
Nach acht Tagen wandern durch die Himalayas sitzen wir fest in Jomsom. Mitten in den 8000er Annapurnas in Lower Mustang. Ein grossartiger Ort an dem man gerne noch ein paar Tage verbringt. Aber eigentlich muss ich am Montag wieder in Kathmandu sein und arbeiten.<br />
Heute frueh war schlechtes Wetter und damit kamen keine Flugzeuge aus Pokahara an. Die naechsten Strassen sind sechs Tage in jede Richtung entfernt. <br />
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Ein guter Moment ueber die Relativitaet von Mobilitaet und Information nachzudenken... <br />
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Wenn wir Pech haben (oder ist es Glueck?) dann dauert das schlechte Wetter noch ein paar Tage und wir kommen hier nur zu Fuss weg (was wiederum geschaetzte 8 Tage gehen bis Pokhara bedeutet, also auch keine ernsthafte Option ist, wenn ich meinen Flieger nach Wien erreichen will).<br />
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Und gleichzeitig: Fuer meine Geburtstagsglueckwuensche nach Wien kann ich auf SMS ausweichen, die internationalen Telefonleitungen sind so ueberlastet dass es kein durchkommen gibt. Aber im lokalen Rural Information Center gibts Internetzugang per Satellit. <br />
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Die Blockade von Kathmandu ist beendet (lese ich in der drei Tage alten Zeitung). Und gleichzeitig lache ich mit den Nepalis hier ueber die internationale Medienberichterstattung zur Blockade. <br />
Gut, dass der Konflikt hier - wenn auch nur fuer kurze Zeit - internationale Aufmerksamkeit bekommt, schlecht, dass es sensationalistische Aufmacher wie die Blockade braucht. <br />
<br />
Meine aktuelle Lektuere zum Wandern, dem tibetischen Buddismus und die Grossartigkeit von Nepal kann ich nur empfehlen: <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3894050896/qid=1093691359/ref=sr_8_xs_ap_i1_xgl/302-0573551-9014415">Auf der Spur des Schneeleoparden<br />
</a>
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-28T11:12:26Z
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Jetzt aber wirklich: Frischluft in den Himalayas
http://marieausnepal.twoday.net/stories/307569/
Nachdem die Luft in Kathmandu ja nur als gesundheitsschädigend beschrieben werden kann, muss es ein Ausflug in das Annapurna Gebiet werden um tatsächlich frische Luft zu schnuppern.<br />
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Ab morgen gehts auf eine Woche Wandern nach Jomsom und Umgebung.<br />
<br />
Genau gesagter fliegen wir morgen nach Pokhara, dann am Sonntag früh weiter nach Jomsom. Von dort gehts nach Osten nach Kagbeni, am nächsten Tag weiter nach Muktinath. Dann wieder auf dem selben Weg zurück nach süden nach Marpha und weiter nach Kalapani und Tukuche und am Wochenende wieder zurück.<br />
<br />
Und da's auf dem Weg kein Internet gibt, gibts den versprochenen Beitrag zu meinem Fieldtrip ins Terai und aktuelle Infos erst wieder nächstes Wochenende.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-20T08:22:54Z
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eingekreist
http://marieausnepal.twoday.net/stories/306413/
Nachdem gestern nicht klar war, ob es tatsächlich eine Blockade aller Zufahrtsstrassen nach Kathmandu gibt oder nicht, müssen wir heute feststellen, dass das Gerücht einen wahren Kern hat. <br />
Nur wenige Fahrzeuge, und diese nur unter Polizeischutz sind nach Kathmandu hineingekommen bzw. hinausgefahren. <br />
<br />
Es gibt mittlerweile auch einen offiziellen Aufruf der maoistischen Studentengruppe die Blockade zu befolgen.<br />
<br />
Keine guten Neuigkeiten, wenn wir hier im Kathmandu Valley auch nichts spüren.<br />
<br />
Wie lange die Blockade gehen wird ist unklar, welche Auswirkungen sie haben wird ebenso.<br />
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Die maoistischen Führer berufen sich in ihrer miltitärischen Strategie und Taktik auf Mao und seinen Kampf in China. Teil dieser drei-teiligen Strategie ist es nach der Eroberung von Teilen des Landes, sukzessive die Städte einzukreisen und damit die Machtzentren lahm zu legen. <br />
Derzeit muss man davon ausgehen, dass die Maoisten etwa 80% des Landes mehr oder weniger erobert haben, nur in den Disktrikthauptstädten und Teilen des Terai haben Militär und Polizei die Oberhand.<br />
<br />
Das Valley einzukreisen ist eine scheinbar logische Konsequenz aus der bisherigen miltitärischen Aktivität, ob es allerdings als Vorbereitung zum Sturm auf Kathmandu gedacht ist oder als "Muskeln zeigen" vor dem Beginn von Friedensverhandlungen ist nicht klar.<br />
<br />
Von alledem ist allerdings hier in der Stadt nichts zu spüren. Das Leben geht seinen gewohnten Weg. Die Nepali scheinen nicht übermässig beunruhigt. <br />
Mal sehen.<br />
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PS: im Nepali Times Magazin letzter Woche ist ein Artikel über eine Diskussion von mir mit Schulkindern erschienen. Anschauen unter: <a href="http://www.nepalitimes.com/issue209/nepali_society.htm">http://www.nepalitimes.com/issue209/nepali_society.htm</a>
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-19T09:12:37Z
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Zurück aus einem anderen Nepal ins "alte" Nepal
http://marieausnepal.twoday.net/stories/305474/
Seit gestern bin ich wieder zurück in Kathmandu nach einem fünftägigen "Fieldtrip" in das Terai. <br />
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Das Terai ist jene "vergessene" Gegend des Landes in der 50% der Bevölkerung leben, die aber keine der westlichen Stereotypen über Nepal erfüllt: flach wie ein Brett, drückend heiss und beissend kalt im Winter, sehr fruchtbar und stark indisch geprägt.<br />
<br />
Ziel der Reise: die Evaluierung des Frauenpartizipationsprogramms. Mehr dazu morgen.<br />
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Ansonsten:<br />
Es geht ziemlich zu im Land, aber das ist nichts neues. Die Maoisten haben ein grosses internationales Hotel und elf Industrieunternehmen (von tibetischer Teppichproduktion bis Coca-Cola) gezwungen zuzusperren, weil sie angeblich ihre MitarbeiterInnen ausbeuten (was sie vermutlich tun, allerdings gibt es hier weder das Konzept der Arbeitslosenversicherung noch Streikkassen, sprich: 3000 Menschen wissen nun gar nicht mehr wie sie ihre Familien ernähren sollen).<br />
<br />
Ausserdem geht das Gerücht um, dass die Maoisten das Kathmandu Valley blockieren wollen, sodass keine Bodentransport mehr möglich ist. Allerdings ist unklar ob es sich um ein Gerücht, "muscle flexing" vor den (hoffentlich) baldigen Friedensverhandlungen mit der Regierung oder einen ernsthaften Versuch die Hauptstadt in Chaos zu stürzen handelt.<br />
<br />
Und ansonsten überbieten sich die Armee und die Maoisten dabei Menschenrechte aufs grausamste zu verletzten: letzte Woche wurde von den Maoisten ein Journalist wegen angeblicher Spionage für die Regierung umgebracht, gestern weitere 10 Journalisten mit angedrohten "Todesstrafen" belegt; die Armee entführt täglich Menschen aus den ländlichen Gebieten und verschleppt sie.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-18T08:58:29Z
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keine illusionen
http://marieausnepal.twoday.net/stories/300612/
..das Treffen mit den nepalesischen Grünen gestern war etwas, na sagen wir mal, desillusionierend. Fünf ältere Herren, engagiert und mit Anliegen, keine Frage. Aber von Umweltthemen oder sonstigen klassischen Grünthemen war wenig zu spüren. <br />
<br />
Eine Stunde lang haben sie mir erklärt, warum sie keine Aufmerksamkeit für ihre Arbeit bekommen (weil sie so eine kleine Partei sind), einen Monolog zum Thema Korruption gehalten, das Thema Umwelt vom Tisch gewischt und auf meine Frage ob sie eine Jugendorganisation hätten erklärt, dass ja niemand mit ihnen arbeiten will, wenn sie kein Geld haben. <br />
<br />
Und zur Frage Gewaltlosigkeit: als Belgien der nepalesischen Armee Waffen lieferte, hatten sie Kontakt mit den belgischen Grünen, die sehr dagegen waren. Der Präsident der Nepalesischen Grünen erzählt mir, dass sie sich gewehrt haben in dieser Sachfrage Stellung zu beziehen. Naja, nicht sehr "non-violent".<br />
<br />
Also ich weiss nicht. Ich habe kein gutes Gefühl für die Grüne Bewegung in Nepal mit diesen Herrschaften...
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-12T06:07:31Z
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i'm angry today
http://marieausnepal.twoday.net/stories/299524/
...meine KollegInnen sagten heute nach einer emotionalen Debatte rund um das Thema Umweltverschmutzung in Kathmandu beim Mittagessen zu mir: "You're angry today!" <br />
Und sie haben recht! Nach drei Wochen beisender Augen, irritierter Haut, allergischer Husten- und Niesanfälle, bin ich heute schlecht aufgelegt. <br />
Auf der Strasse fahren Autos, Busse und Motorräder deren Auspuffe bei jeder Beschleunigung schwarze (keine Übertreibung!) Rauchwolken ausstoßen. Wenn ich mich an den Strassenrand stellen würde und eine kleine Statistik anfertigen würde, würde ich vermutlich zu dem Ergebnis kommen, dass die Hälfte aller Autos echte "Dreckschleudern" sind. <br />
Und wenig passiert dagegen. Natürlich ist es schwierig in einem Land in dem Autos so teuer sind und das öffentliche Transportwesen inexistent ist, keine Züge fahren, sondern nur private Busfirmen, schnelle Veränderungen herbeizuführen. Und auf dem Papier gibt es zwar Abgas-Bestimmungen, aber die werden kaum kontrolliert und viel zu oft werden die Beamten mit Geld gefügig gemacht.<br />
Und so juckt meine Nase und die Kinder unserer MitarbeiterInnen haben Asthma, Allergien und was sonst noch so dazugehört.<br />
Wo sind die Nepali die eine Kampagne gegen Umweltverschmutzung und Gesundheitsgefährdung starten? <br />
<br />
Abgasmessungen kann man hier "visuell" durchführen, warum nicht 50 freiwillige "Watchposts" in der ganzen Stadt postieren, die alle Umweltsünder (vor allem die Busse und Taxis!) aufschreiben, anzeigen und am nächsten Tag eine Liste der Nummernschilder in der Zeitung veröffentlichen?<br />
<br />
Und dann eine Aufkleberkampagne gegen die Untätigkeit der Behörden starten: "Dieses Auto gefährdet Ihre Gesundheit. Warum sieht die Regierung zu?"<br />
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Heute bin ich wütend. Gute Voraussetzungen für meinen Termin mit dem Chef der nepalesischen Grün-Partei heute nachmittag.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-11T07:29:00Z
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wählen oder nicht
http://marieausnepal.twoday.net/stories/298874/
Die letzten Tage habe ich ein paar Erkundungstouren gemacht, die Zusammenfassung imTelegrammstil: Mount Everest aus der Ferne; eine Flussüberquerung (ohne Brücke, barfuss, die Mädchen aus dem Dorf fanden uns gezierte Europäer ziemlich lustig); Schlammstrassen auf dem Mountain Bike; die schreckliche Umweltverschmutzung hier in der Stadt plus Kühe, Hunde, unachtsame Menschen und Autofahrer gemeinsam auf den Schlagloch übersähten Strassen; wunderschöne Paläste aus Ziegelsteinen mit kunstvoll geschnitzten Holzfenstern und mit Kerzen beleuchtete Hindu-Tempel.<br />
<br />
Am Donnerstag fliege ich mit meinen nepalesischen Kolleginnen nach Janakpur im Süden von Nepal, an der Grenze zu Indien wo wir zwei Tage bleiben und dann weiter nach Biratnagar fahren. Dort wird das Women's Programme von NDI evaluiert in dessen Rahmen allein im letzten Monat 4000 Frauen ausgebildet wurden um als KandidatInnen bei Wahlen anzutreten. <br />
Leider sind diese Wahlen nicht in Sicht, aber es macht ja auch keinen Sinn die Frauen erst drei Wochen vorher auszubilden. <br />
<br />
Das Training läuft unter erschwerten Bedingungen, weil immerhin 40% der Frauen nicht lesen und schreiben können. D.h. die Bücher sind mit vielen Bildern ausgestattet und die Trainings stark praxisorientiert. <br />
<br />
Ich bin schon sehr neugierig auf dieses "andere Nepal". Aus den Leben der Menschen in den Dörfern um Kathmandu kann man ein bisschen extrapolieren unter welchen schwierigen und ärmlichen Bedingungen die Leute am Land leben...<br />
<br />
Und ausserdem recherchiere ich derzeit gerade für das nächste Projekt von NDI, das ein "Political Leadership Program" auf die Beine stellen soll. Ich versuche dabei möglichst viele Elemente partizipativer Politikentwicklung und Teilhabe der Bevölkerung einzubringen. <br />
Eigentlich war Nepal in dieser Hinsicht schon auf einem guten Weg. Ende der 90er Jahre gabs eine Reihe von ehrgeizigen und ziemlich großflächigen Projekten, die die Einbindung der Bevölkerung in politische Prioritätensetzung auf lokaler Ebene sicherstellten (siehe <a href="http://www.pddp.org.np/">Participatory District Development Programme </a> . <br />
<br />
Dann löste der König 2001 das Parlament auf und damit auch die lokalen Regierungen. Derzeit hängen alle diese Projekte in einem luftleeren Raum. Die Bedürfnisse sind groß wie eh und je, aber es gibt keine Ansprechpersonen mehr und die Bezirke und Dörfer werden mehr schlecht als recht "verwaltet". <br />
<br />
Und jetzt diskutieren die Parteien wann und wenn, dann unter welchen Voraussetzungen es wieder Wahlen geben kann.<br />
Die Regierung spricht von April 2005. Ein Datum, dass selbst unter besten Bedingungen (sofortige, erfolgreiche Gespräche mit den Maoisten) kaum erreichbar ist. Und ohne einen Waffenstillstand kann es keine fairen und freien Wahlen geben. Wenn es nicht sogar notwendig ist, dass die Rebellen ihre Waffen hergeben. Denn mit der MG im Rücken trifft man so schlecht freie Entscheidungen. <br />
Und um die Sache noch komplizierter zu machen, haben die politischen Parteien nichts besseres zu tun als sich auch gegenseitig die Hackeln ins Kreuz zu werfen.<br />
<br />
Das ganze Land wird von ihnen (und den Maoisten) als Geisel gehalten und ist ihren Launen ausgesetzt. Nichtzuletzt denen des politischen Führers der einflussreichen Nepali Congress Party, G.P. Koirala, hochgeachtet für seinen Kampf für die Demokratie in den den letzten Jahrzehnten, aber jetzt 83 Jahre alt - und sagen wir mal einem offenen, modernen, nicht-hierarchischen Führungsstil nicht besonders zugeneigt. Koirala, dessen Partei nicht in der Regierung ist (die Partei des Premierministers Deuba ist eine Abspaltung der Nepali Congress), rühmt sich mit Parallelverhandlungen mit den Maoisten (man fragt sich mit welcher Legitimation, schliesslich sind die Parteien derzeit weder gewählt, noch ist der NC in der vom König ernannten Regierung). Aber wenn's um die Frage nach Wahlen geht, erklären seine Parteifreunde, dass die derzeitige Regierung keine Legitimation hat, jetzt Wahlen auszurufen. Puuh. Das ist doch ein ziemlich starkes Stück... Mehr dazu in der <a href="http://www.kantipuronline.com/kolnews.php?&nid=15728"> Kathmandu Post </a> von heute.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-10T13:10:09Z
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Ziele und der Weg dahin
http://marieausnepal.twoday.net/stories/292230/
Die letzten Tage waren bestimmt von Gesprächen mit diversen Parteiführern. Die allermeisten leider männlich. Wir diskutieren die Ergebnisse der Meinungsumfrage. Allzu erfreulich ist sie ja nicht für die Parteien. Nicht nur sagen, 85% dass die Parteien für ihren eigenen Vorteil arbeiten und nicht für die Menschen, auch die Zuschreibungen, die den Befragten einfallen, sind nicht gerade freundlich: korrupt, nicht an den Bedürfnissen der Menschen interessiert. Kaum werden den Parteien Problemlösungskompetenzen zu gute gehalten. Und das ist irgendwie auch nicht so verwunderlich. <br />
<br />
Schliesslich passieren in Nepal Dinge, die nur schwer nachzuvollziehen sind und eigentlich kaum zu ertragen: in den letzten zwei Wochen sind 400 Menschen an den Folgen von Durchfall gestorben. Wie unnötig und tragisch. Kein gesunder Körper würde an Durchfall sterben, aber in den entlegenen Regionen sind die Menschen von vornherein schlecht ernährt, und es gibt keine medizinische Versorgung. Zwischendurch habe ich mir die Frage an diverse Politiker und Journalisten erlaubt, wie es soweit kommen kann, und wieso es nicht möglich ist ein paar LKW Ladungen Medikamente in die betroffenen Regionen zu bringen. <br />
Die Antworten sind ernüchternd: so meinen manche, dass sowieso nur nur ein kleiner Teil tatsächlich ankommen würde. Der Rest würde auf dem Weg in die Taschen der korrupten Bürokraten und verzweifelten LKW Fahrer verschwinden oder von den Maoisten gekapert werden. Und andere wiederum meinen, dass das Problem an der Wurzel angepackt werden müsse: bessere Ernährung, mehr Hygiene, sauberes Wasser, bessere Lebensbedingungen, verstärkte Entwicklung. Nur: in diesen Wirrwarr von Argumenten sterben kleine Kinder trotzdem weiter. <br />
<br />
Es stimmt: die Wurzel aller Probleme liegen in den letzten 100 Jahren. Bis 1950 wurde Nepal von einer absolutistischen Monarchie regiert, die kein Interesse an den Menschen hatte. um 1950 konnten 2% aller Nepalesen lesen und schreiben.<br />
So gesehen ist es ein großer Fortschritt, dass jetzt 50 Jahre später "nur" mehr 40% Analphabeten sind. Aber in diesen 50 Jahren hat sich eben trotzdem nur wenig an den Lebensbedinungen und der Armut geändert.<br />
<br />
Seit 1990 eine kleine Revolution die Abkehr vom alten völlig undemokratischen "Panchayat-System" brachte, haben die Parteien nur wenig Fortschritte gebracht. Und viele Erwartungen enttäuscht. Das ist der Nährboden für die maoistischen Rebellen. <br />
<br />
Das politische System hier ist gerpägt von zwei großen Parteien: der CPN-UML (Unified Marxist-Leninist) und dem Nepali Congress (NC). Und dann gibt es noch die kleinere Palast-treue RPP und eine Reihe kleinerer regionaler Parteien bzw. Absplitterungen von NC und RPP. Die ideologischen Unterschiede sind kaum feststellbar. Selbst das Programm der winzigen "Grün-Partei", ist eine Ansammlung von Gemeinplätzen. OK, ich muss ihnen den "credit" geben, dass sie immerhin in ihrem Programm konkrete Forderungen auflisten (z.b. zum Thema Waldbewirtschaftung, Bildung, etc.). Das Programm der CPN-UML hingegen liest sich wie ein früh-marxistischer Text aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. <br />
<br />
Aber das lernen wir doch auch in Europa: Programm und Politik finden nicht immer ihre Entsprechung. <br />
<br />
Die Maoisten sind für mich aber weiterhin die wirklich große Unbekannte. Welche Ziele verfolgen sie wirklich? Ich lese ihre Manifeste und verstehe warum sie eine Anziehungskraft auf die verarmte Bevölkerung haben. Wer ist gegen gratis Schulen und medizinische Versorgung und eine Landreform? Und sogar die Forderung nach einer Republik (anstatt der von vielen Menschen bevorzugten konstitutionellen Monarchie) ist doch wirklich nicht übermässig radikal. <br />
Aber wenn man sich ihre Taktik ansieht, den Terror gegen Andersdenkende, die gezielten Ermordungen, die Erpressungen, dann weiss ich nicht mehr was ich von den schönen Zielen halten darf...
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-08-03T06:05:23Z
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Ich bin jetzt seit fast einer Woche in Kathmandu, Nepal. Und resümiere nach einer...
http://marieausnepal.twoday.net/stories/286109/
Ich bin jetzt seit fast einer Woche in Kathmandu, Nepal. Und resümiere nach einer Woche: sehr spannend, gerade hier und gerade jetzt an einem Demokratie-Enticklungsprojekt mizuarbeiten!<br />
Nichtzuletzt deshalb, weil sich das Land ja in einem Quasi-Bürgerkrieg befindet, das Parlament vor 20 Monaten vom König aufgelöst wurde und die politischen Parteien in einem ziemlich kaputen und korrupten Zustand sind. Die Demokratie hier ist also eher komatös.<br />
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Mein Beitrag in dem Projekt des National Democratic Institute ist es politische Parteien und vor allem auch die Zivilgesellschaft in ihrer Arbeit dahingehend zu unterstützen und zu beraten, damit es möglichst bald zu einem Waffenstillstand zwischen den maoistischen Rebellen und der Armee kommen kann und endlich wieder freie und faire Wahlen abgehalten werden können.<br />
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Die Hauptschwierigkeit besteht unter anderem darin, dass die Parteien in den letzten 12 Jahren der Demokratie (davor wurde Nepal von einem absolutistischen Monarchen und dem sogenannten Panchayat System regiert) nicht in der Lage waren die großen Probleme des Landes auch nur in Ansätzen in den Griff zu bekommen: die Armut und Diskriminierung vieler Nepalis durch das Kastensystem, und die sehr sehr hohe Arbeitslosigkeit, nicht nur unter wenig gebildeteten Nepalis, und zudem in der öffentlichen Meinung in erster Linie in ihre eigene Tasche gearbeitet haben.<br />
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Vor einigen Wochen wurden 3200 Nepali zu ihrer politischen Meinung und möglichen Konfliktlösungsszenarien befragt, unter anderem auch wie ihre Einschätzung auf einer Skala von 1-10 wäre was den Zustand der Demokratie im Land betrifft - 70% der Befragten schätzten den Zustand der Demokratie in Nepal mit 0-5 als sehr schlecht ein. Kein Wunder. <br />
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Der kriegerische Konflikt mit den Maoisten hat seine Wurzeln in der Armut und so ist es auch nicht verwunderlich, dass zwischen 35% und 50% der Bevölkerung mit den Zielen der Maoisten sympathisieren. Ihre Mittel (Entführungen, Ermorderungen, Erpressung und allgemeiner Terror gegen Andersdenkende) werden allerdings nur von 4% sehr und von 17% etwas unterstützt.<br />
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Jetzt, nach fast 8 Jahren des Konflikts und den letzten Monaten die besonders gewalttätig waren (sowohl von Seiten der Armee als auch der Maoisten), gibt es seit einigen Wochen wieder einen neuen Premierminister, Sher Bahadur Deuba, in einer vier Parteien Koalition, in dessen Verhandlungsgeschick einige Hoffnung gelegt wird. <br />
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Für einen Waffenstillstand braucht es aber die Zustimmung des Macht-Dreiecks im Land, nämlich des Königs Gyanendra, der Regierungsparteien und der Maoisten, ob es dazu wirklich kommen wird, werden die nächsten Wochen zeigen.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-07-27T12:29:21Z
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nepalesischer sonntag
http://marieausnepal.twoday.net/stories/283939/
ich sitze grade in einem lokalen Neighbourhood Internetcafe 100m von meiner Wohnung entfernt, das wirklich so ausschaut wie man sich ein Internet Cafe am Fuss der Himalayas vorstellt, Wasserflecken auf der Wand, uralte Computer, Tourismusplakate als Dekoration, und Sessel die so unangenehm sind, dass man schnell wieder gehen will.<br />
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Die letzten Tage hier waren sehr intensiv. Komischerweise - oder auch nicht ? - habe ich aber erst seit gestern das gute Gefuehl hier angekommen zu sein und mich daruer wirklich zu freuen. <br />
Gestern war ich bei einem ganz wunderbaren tibetanisch-buddhistischen Tempel etwas ausserhalb von Kathmandu in Boudanath, mit einer riesige weissen Stupa und rundherum lauter alten traditionellen Haeuser mit den wunderschoenen geschnitzten Holzfenstern der Newari. <br />
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Die tage davor war ich in lauter Meetings mit den politischen Parteien, um mit ihnen eine aktuelle Meinungsumfrage (siehe meinen letzten Beitrag) zu diskutieren und Implikationen fuer ihre Arbeit zu analysieren und dann abends immer "pseudo auslaendisch" Essen mit Menschen von lokalen NGOs. Das war zwar interessant, aber das erste gute nepalesische Essen habe ich heute in der Stadt gegessen. In einem Mini-Essensshop wo sonst nur Nepali waren. Und das war wirklich koestlich. <br />
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Die Frage nach der Sicherheitslage habe ich mir nach einiger Nervositaet meinerseits (so oft war ich auch noch nicht in einem Konfliktgebiet) mittlerweile mit "in Kathmandu unproblematisch" beantwortet. <br />
Auslaender sind bisher in den ganzen 8 Jahren des Konflikts noch nie ins Kreuzfeuer oder die Schusslinie der Maoisten und der Armee gekommen und so sind hier eigentlich alle ziemlich entspannt was die Sicherheit in der Stadt betrifft. Erst letzte Woche wurde zwar eine ganze Schulklasse aus einer kleinen Siedlung am Rande des Kathmandu Tals von den Maoisten entfuehrt und zwei Tage lang "politisch indoktriniert", aber so sehr das auch zum Fuerchten ist, es ist niemandem etwas passiert. Effektiv war die Aktion aber wohl auch nicht sehr, denn die Kinder sagten auf die Frage ob sie etwas gelernt haetten, dass sie von dem lngen Fussmarsch zu muede gewesen waeren um sich konzentrieren zu koennen... <br />
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In den Westen zu fahren ist allerdingsderzeit nicht anzuraten, denn dort sind die Maoisten besonders stark und die Armee auch entsprechend aufgeruestet. <br />
Einige groessere Staedte in den Bergen kann man aber besuchen,. Allerdings koennen viele der hier ansaessigen NGOs und auch Firmen ihre MitarbeiterInnen, vor allem die auslaendischen, nicht in Doerfer und laendlichen Bezirk schicken. Projekte die sehr lokal verwurzelt sind, koennen allerdings mit dem lokalen Staff aus der Community trotzallem weiterarbeiten. Und das ist wichtig, damit die Arbeit weitergehen kann und nicht noch mehr Jobs verloren gehen.<br />
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Spannend war heute auch ein Gespraech mit Kunda Dixit, dem Herausgeber und Chefredakteur der groessten und wichtigsten politischen Magazine hier. Eines davon ist in englisch und wirklich exzellent: <a href="http://www.nepalitimes.com">http://www.nepalitimes.com</a><br />
Das Magazin zu lesen, erhellt einiges an dem politischen System hier.
Marie Ringler
Copyright © 2004 Marie Ringler
2004-07-25T10:12:23Z
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